Wie überall gibt es in der Übersetzungsbranche immer mal wieder bestimmte Schlagwörter, die plötzlich in aller Munde sind. Zuletzt machte dieser Begriff die Runde: Transkreation. Was hat es mit diesem Kunstwort auf sich?
Aus Wikipedia lernen wir dazu:
„Der Begriff stellt eine Synthese der Wörter Translation und Kreation dar. Der Ausgangstext wird dabei in der anderen Sprache an die spezifischen Bedürfnisse eines bestimmten geografischen Zielmarktes, einer Zielgruppe, eines Marktsegments oder einer Kundengruppe angepasst. *
Mehr als einmal habe ich dazu den Einwand gehört oder gelesen: Das ist doch bloß ein neues Wort für Marketingübersetzung. Wozu der Wirbel?
Liegt die Sache wirklich so einfach? Oder brauchen wir tatsächlich eine eigene Dienstleistung, die diese Aufgabe beschreibt? Sehen wir uns doch die unterschiedlichen Konzepte einmal näher an:
Übersetzung, Lokalisierung,Transkreation: Who is who?
Vergleichsweise simpel ist es noch bei der Übersetzung: Damit ist die kontext- und (weitgehend) wortgetreue Übertragung eines Textes von einer Sprache in die andere gemeint.
Die große Schwester der Übersetzung, die Lokalisierung, kann schon etwas mehr: Der Begriff stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und umfasst neben der inhaltsgetreuen Übersetzung auch noch die Anpassung der Softwareoberflächen, Bedienelemente oder Webseiten an den Zielmarkt. Dazu zählen die Adaption von Datums- oder Adressformaten, Maßeinheiten ebenso wie die Anpassung an lokal gültige Normen oder Richtlinien.
Bei einer Marketingübersetzung geht es, wie der Name schon sagt, um die Übersetzung von Marketingmaterialien. Auch hier ist die Adaption an den Zielmarkt wichtig. Redewendungen, Metaphern und Abbildungen werden den kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten des Ziellandes oder Zielregion angepasst. Man könnte auch von einer Lokalisierung für Marketingtexte sprechen. Am Inhalt des Quelltexts ändert eine Marketingübersetzung allerdings nichts.
Hier kommt die Neue ins Spiel: die Transkreation. Sie geht über die idiomatische Adaption eines Textes hinaus. Sie betrachtet das Übersetzungsprojekt in seiner Gesamtheit und stellt unter Umständen das ganze Konzept um. Das heißt, sie ändert gegebenenfalls nicht nur die Satzreihenfolge, sondern baut die Satzlogik anders auf oder lässt einzelne Aspekte ganz außen vor. Sie passt nicht nur einzelne Piktogramme an, sondern stellt möglicherweise das gesamte Farbschema um.
Doch warum sollten Kunden überhaupt ein Interesse daran haben, dass die Quelle derart verändert wird? Schließlich bezahlen sie den Marketingagenturen und Werbetextern eine Menge Geld dafür, dass sie ganze Kampagnen für unterschiedliche Werbekanäle entwickeln. Ganz einfach: Kulturelle Unterschiede können dazu führen, dass Kampagnen in bestimmten Märkten nicht angemessen sind. Sie transportieren nicht dieselbe Botschaft wie auf dem Zielmarkt, für den sie ursprünglich konzipiert wurden. Sie rufen nicht dieselben Emotionen hervor. Sie spiegeln das Image der Marke nicht wider. Kurz gesagt: Sie funktionieren im Zielmarkt einfach nicht.
Neuer Begriff, neue Anforderungen
Genau da setzt die Transkreation an. Sie versucht ein Konzept, eine Idee, ein Gefühl zu übertragen – nicht einfach nur einen Text. Deswegen ist das Transkreieren eine komplexe, aber vor allem auch eine sehr kreative Aufgabe. Sprachexperten, die Transkreationen erstellen, sind sozusagen Übersetzer und Texter in einem.
Wie ein Übersetzer, benötigt eine Transkreativtexterin (oder auch: zweisprachige Copyeditorin) hervorragende Sprachkenntnisse in Quell- und Zielsprache sowie das nötige Marketing-Fachwissen. Darüber hinaus fungiert sie aber auch als Texterin in der Zielsprache. Deshalb braucht sie noch mehr: Damit sie weiß, welches Ziel die Kampagne haben soll und wer die Zielgruppe ist, muss sie entsprechend „gebrieft“ werden – genauso wie Texter oder Agentur der Ursprungskampagne auch. Und nur Sie als Auftraggeber sind in der Lage, die Informationen zum Kampagnenziel und zur Zielgruppe, weiterzugeben, die für eine gelungene Transkreation unerlässlich sind.
Transkreation oder Translation – das ist hier die Frage
Wir sehen, es gibt enge Verknüpfungen, wenn nicht sogar Überlappungen zwischen den unterschiedlichen Bereichen. Dennoch macht es Sinn, die Aufgaben voneinander abzugrenzen. Denn zum einen erfordern sie, wie oben schon dargestellt, unterschiedliche Fähigkeiten und Qualifikationen. Zum anderen muss man ihren Aufwand unterschiedlich einschätzen. Während sich die Kosten für Übersetzungen mithilfe von Wortzahlanalysen über Translation Memorys relativ einfach berechnen lassen, kommt man mit so einem Ansatz bei Transkreationen nicht weit. Hier müssen die Aufwände auf der Grundlage eines Projektbriefings überschlagen werden. Damit Sie als Kunde also auf jeden Fall das bekommen, was Sie wollen, sollten Sie Ihre Projektanforderungen genau beleuchten und formulieren. Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie Ihren Übersetzungsdienstleister an. Er wird gemeinsam mit Ihnen ein passendes Angebot erarbeiten.
Sie haben Fragen zu Übersetzung, Lokalisierung und Transkreation? Dann nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf. Unsere Experten beraten Sie gern.
ÜBER DIE AUTORIN
Als zertifizierte Qualitätsbeauftragte beschäftigt sich Katrin Marheinecke mit der Steigerung der Übersetzungsqualität und der kontinuierlichen Verbesserung von Übersetzungsprozessen bei text&form. Die Beobachtung der neuesten Trends in der Übersetzungslandschaft ist ihr Beruf und Vergnügen zugleich. Nicht selten finden Sie Marheinecke hinter dem Rednerpult auf Konferenzen zum Thema MT, Post-Editing und Qualitätsmaßnahmen.